Realistische Malerin Dinie Boogaart

Veröffentlichungen

Für Malerin Dinie Boogaart ist die Entstehung eines Ölbildes immer wieder ein Abenteuer

Am liebsten malt sie Menschen. Porträts und Akte. Dinie Boogaart (45) gesteht das leicht zögernd, denn sie mag keine Schubladen. Schließlich hat sie sich auch mit ihren großen – meist friesischen – Landschaftsbildern und mit ihren Stillleben im Laufe der Jahre einen Namen gemacht. Ihre reizvollen figurativen und raumgreifenden Bilder finden nicht nur in Friesland, sondern in den ganzen Niederlanden großen Anklang, bei privaten Sammlern wie auch bei Unternehmen. So stammen 13 Strandlandschaften für die Innenausstattung für das Kreuzschiff der Superlative "Queen Mary 2" von ihrer Hand.


Ihre bevorzugte Technik ist die Ölmalerei, gelegentlich greift sie aber auch zur Pastellkreide. "Rein malerisch dreht sich bei mir alles um Farbe, Licht und Hell-Dunkel. Das sind die wichtigsten Elemente meiner Künstlerhandschrift. Und ich male das, was Menschen ausstrahlen, was sie bewusst oder unbewusst zeigen, was ich aber nicht in Worte fassen kann." Boogaarts Malerei wurde im Rahmen der Ausstellung "Künstler und Modelle" im Museum Van Lien in Fijnaart (Brabant) wie folgt skizziert: "Dinie Boogaart kann sich auf ihr untrügliches Gespür verlassen, den psychologischen Kern einer Person treffend in Öl festzuhalten." Selbst sagt sie: "Ich will das, was mich an Menschen fasziniert, in meinen Bildern zum Ausdruck bringen. Meine Gemälde sind sublimierte Kompositionen, die ich mit viel Einfühlungsvermögen und persönlichem Bezug ausarbeite. Das gilt übrigens für alles, was ich male und zeichne."


Ihr Atelier, dem auch eine Galerie angegliedert ist, befindet sich in einer ehemaligen Vorschule in Nijega, Friesland. Hier erzählt Boogaart voller Esprit über ihre Arbeit und ihre künstlerischen Leitsätze. Dabei ist sie sehr offen und direkt, jegliches Künstlergehabe ist ihr fremd. Ihr Ehemann Jean-Pierre Boogaart, der in demselben Gebäude seine Bilderrahmenwerkstatt betreibt, mischt sich bisweilen in das Gespräch. "Wir sind ein Team", sagen beide. Dinie Boogaart ist die Künstlerin und ihr Mann kümmert sich um die geschäftlichen Interessen. Gemeinsam stellen sie so etwas wie eine Zwei-Einheit dar.

Die im friesischen Sneek geborene Malerin wusste schon in jungen Jahren, dass sie Künstlerin werden und ihr Talent in Bildern und Zeichnungen zum Ausdruck bringen wollte. Mit 17 nahm sie ihre Ausbildung an der Akademie für Bildende Künste in Kampen auf, etwas später zog sie nach Amsterdam, um dort ihr Studium an der Reichsakademie abzuschließen. Ihre letzte Ausbildungsstation war das Lehramtsstudium an der Akademie für Bildende Künste "Minerva" in Groningen.
Die drei Kunstinstitute haben sie geprägt. In Kampen lernte Boogaart beim Modellzeichnen, sich ins Modell hineinzuversetzen. "Man muss bis in die Zehenspitzen nachempfinden, wie der menschliche Körper aufgebaut ist. Formen und Proportionen müssen einfach stimmen." In Amsterdam lernte sie zu modellieren. "Das hat mir unheimlich viel gebracht."
Diese Arbeit war ihr Fundament, auf dem sie im Laufe der Zeit ihren eigenen Stil entwickeln konnte. Während sie zunächst einige Jahre als Teilzeitkraft unterrichtete, wurde ihr Wunsch nach vollkommener Freiheit, danach, tun und lassen zu können, was sie wollte, immer stärker. Und irgendwann machte ihr künstlerischer Erfolg ihr diesen Schritt möglich. "Ich male, was ich malen muss, das ist meine Freiheit. Manchmal fertige ich auch Porträts im Auftrag an, allerdings immer seltener. Konzessionen sind nicht mein Ding."
Boogaart will und muss malen, und dem Malen gilt ihre bedingungslose Hingabe. In einer Veröffentlichung erklärte sie einmal, das Malen sei ihre Art zu leben. Die Konsequenz liegt auf der Hand: "Zwischen meinem Leben und meiner Arbeit gibt es keinen Unterschied."
Und ebenso gering ist die Distanz zwischen Kunst und Leben in ihren Bildern.


alen ist für Boogaart ein Handwerk, das strenge Disziplin erfordert, Tag für Tag. Auch da macht sie keine Zugeständnisse, denn nach ihren eigenen Worten muss man "Inspiration erzwingen".
Während ihr Atelier einen überaus sauberen, ordentlichen Eindruck hinterlässt ("da bin ich schon sehr organisiert"), verrät sie, im Kopf eher "chaotisch" zu sein. "Ideen und Entwürfe erscheinen unablässig vor meinem geistigen Auge. Tagsüber genauso wie nachts im Bett." Ihre Arbeit ist sozusagen in ihrem Kopf gefangen. "Aber", so fügt sie rasch hinzu, "ich verliere die täglichen Notwendigkeiten natürlich nicht aus dem Auge. Man muss immer wieder mal auf Distanz gehen und relativieren können."
Sie bezeichnet sich selbst als "Macherin". Unterm Strich kommt es nur darauf an, was auf der Leinwand steht. "Es immer wieder ein Abenteuer, was da passiert. Nicht alles gelingt." Sie zitiert Hermann Hesse sinngemäß: "Talent und Charakter müssen in der Waage stehen, Inspiration muss einhergehen mit Disziplin, Können und Schaffensdrang mit Hemmung." Das ist Boogaarts Wahlspruch geworden.

Ihre figurativen Arbeiten in kräftigen Farben haben eine expressive Ausstrahlung: die glutvollen Kompositionen entstehen in einer aufwendigen Lasurtechnik mit vielen Komplementärkontrasten. Die theatralische Ausleuchtung verleiht ihren Bildern einen dramatischen und zugleich intimen Glanz.
"Expressive Figuration" nennt sie es selbst und fügt hinzu: "Im Laufe der Jahre habe ich an meiner Technik gefeilt und sie perfektioniert. Dadurch habe ich heute die Freiheit, meine Bilder mit lockereren und abstrakteren Impressionen auszugestalten. Ich entwickle meine Handschrift ständig weiter und bin nicht schnell zufrieden.
Ich will immer besser werden, das Optimum aus einem Bild herausholen. Das ist jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung. Wenn mir das gelingt, bin ich unheimlich glücklich. So einen Moment genieße ganz ich intensiv." Einmal sagte sie, sie male nicht schlicht ein Porträt. "Ich trete mit dem Bild in einen Dialog, bis der Funke überspringt. Letzten Endes male ich für mich selbst."


Mit ihren sehr zugänglichen Bildern erreicht die friesische Malerin ein großes Publikum. Jahr für Jahr entstehen 80 bis 90 Gemälde. "Ich arbeite hart, doch ich lasse mich nicht von Verkaufszahlen und finanziellem Erfolg leiten. Täte ich das, würde ich mit offenen Augen in eine Falle laufen. Ich male nur, was mich inspiriert. Ich muss hundertprozentig hinter meinen Bildern stehen können. Nicht mehr und nicht weniger."
In der Vergangenheit hat Boogaart in einer Vielzahl niederländischer Galerien ausgestellt. Und auch heute noch nimmt sie regelmäßig an Gruppenausstellungen teil. "Ich möchte mich und meine Arbeit auch außerhalb Frieslands zeigen."
Seit Anfang der 90er Jahre führt sie in Nijega, in der Nähe von Drachten, eine Galerie, in der ausschließlich ihre eigenen Werke zu sehen sind: ein gewisser Luxus. "Ich kann wirklich nicht klagen." Jedes Jahr im Herbst, von Ende November bis Mitte Dezember, ist dort eine Ausstellung mit aktuellen Arbeiten zu sehen, ca. 30 bis 40 Gemälde – letztes Jahr schon zum neunten Mal. Das Interesse ist groß und die Verkaufszahlen entsprechend.
Die Besucher kommen aus dem ganzen Land. Die Wertschätzung für ihre Malerei freut sie natürlich. "Aber mein wichtigster Antrieb ist die Befriedigung, die ich in meiner Arbeit finde, und die Affinität zu meinen Bildern. Darum kann ich mich manchmal auch nur sehr schwer von einem Gemälde trennen."

Die Galerie ist fast jeden Sonntag von 13.00 bis 17.00 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet. Während der Herbstausstellung mit aktuellen Werken hat sie erweiterte Öffnungszeiten: freitags bis sonntags von 13.00 bis 18.00 Uhr.
Im November letzten Jahres hat Boogaart ihr neues im Eigenverlag herausgegebenes Buch vorgestellt, sein Titel: "Zoeken" (dt. Suchen). Es enthält eine Übersicht von Gemälden, Porträts und Landschaften, die zwischen 2000 und 2008 entstanden sind. Bestellung per E-Mail: boek@dinieboogaart.nl

Tjakko Kars , " Kijk op 't Noorden 2008
Übersetzung: Vertaal & Correctiedienst Rijksuniversiteit Groningen